Freitag, 12. April 2013

Passt es nun oder passt es nicht? Gerhard Richter und der Kölner Dom



Passt es nun oder passt es nicht? Gerhard Richters 113 Quadratmeter großes Südquerhausfenster für den Kölner Dom hat eine große Debatte ausgelöst und die Gemüter erhitzt. Die Abstraktion wird ihm vorgeworfen, das Fenster erinnere zu sehr an die digitale Computerkultur bzw. an Pixel, es zeige nicht den christliche Glauben, es erinnere zu sehr an Richters erste, durch den Zufall generierte Arbeiten... Die Liste der Vorwürfe ist lang.
Zumal sich die Kirchenleute eine Darstellung von Märtyrern des 20. Jahrhunderts wie Edith Stein und Maximilian Kolbe gewünscht hätten.

Richter jedoch entwarf keine figuralen Märtyrer, sondern hinterklebte in seinem Entwurf das Maßwerk des Fensters mit einer Fotografie seines Bildes 4096 Farben von 1974 hinterklebt. Letztlich wurde allerdings eine eigene Farbkomposition gestaltet, die sich ganz explizit auf den Dom bezieht und mit dem Entwurf nicht mehr viel gemein hat: Richter wählte 72 Farben aus, die auch in den mittelalterlichen Fenstern des Doms und denen des 19. Jahrhunderts verwendet wurden und verteilt die Farben per Zufallsgenerator.

Natürlich kann man sich nun darüber streiten, ob das Fenster nun den christlichen Glauben repräsentiert oder nicht. Doch geht es nicht vor allem auch darum, ob sich das Fenster in das Gesamtgefüge des Doms einfügt oder nicht? Wäre es wirklich historisch und aus restauratorischer Sicht vertretbar ein figural gestaltetes Fenster, dass die Entstehung in einer anderen Epoche vorgibt, enzusetzen? In diesem Fall wurde die Historizität der Kriegsschäden überblendet werden. Und angenommen das Fenster hätte eine figurale Ausgestaltung in modernem Stil erhalten: würde es den detailreich ausgestalteten Dom nicht vollständig überlasten?

Richter hält sich mit seinem Entwurf zurück. Er greift auf minimalste Mittel zurück. Hauptaspekt in seinem Werk sind Licht und Farbe: die zwei Komponenten, die die Eigenschaften von Kirchenfenstern jeder Epoche ausmachen. Braucht es wirklich figurale Gestaltung um bei einem ästhetischen Erlebnis dieser Art noch Religiösität mit einfließen zu lassen? Und erinnern die Quadrate bei ganz objektiver Betrachtung in diesem Kontext wirklich an Pixel? Ganz im Ernst: wer denkt bei Kirchenfenstern in einem gotischen Dom zuerst an die moderne Computerkultur?

Mehr Details zum Thema und viele kritische Stimmen gibt es u.a. hier:
wikipedia/Richter-Fenster
www.zeit.de
www.welt.de
www.art-magazin.de

Foto:
privat

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