Eva, Portalbalken Autun, 12. Jhd. Foto via http://ilpalazzodisichelgaita.wordpress.com. |
Bildmotive etablieren sich meist
im Laufe der Zeit, es bilden sich Konventionen der Darstellung heraus. Im Falle
des Sündefalls geht der mittelalterfeste
Kunstgeschichtler im Allgemeinen von einer braven Reihung aus: Adam
links, dann der Baum inklusive Schlange und rechts Eva mit dem Apfel in der
Hand. Oft ergeben sich komplexe Gestikulationen, wie dies im Fall einer solchen
Dreiecksgeschichte unumgänglich ist: die Schlange will Eva verführen, Eva will
Adam verführen, Adam will nicht unbedingt verführt werden.
Umso ungewöhnlicher die
Darstellung des Themas in Autun, Frankreich. Dort ist ein Fragment des Portals
erhalten, dass der Bildhauer Gislebertus im 12. Jahrhundert anfertigte. Auf
einmalige Art und Weise verführt Eva ihren Göttergatten hier nicht nur mithilfe von Wort und leckerer
Frucht (Liebe geht ja bekanntlich auch durch den Magen). Vielmehr setzt sie
hier auf die weiblichen Reize.
Dem Format des Portalbalkens
gerecht werdend zeigt Gislebertus seine Eva liegend. Sie nimmt quasi Haltung
und Position der Schlange ein. Dabei dreht sie den Oberkörper so, dass man
nicht umhin kommt ihre - seien wir
ehrlich – extrem nach Silikon-Implantaten aussehenden Brüste zu betrachten.
Rein zufällig wächst ein Strauch vor anderen markanten Stellen, wer weiß, was
sich dem Betrachter sonst noch so offenbaren würde.
Durch die Art und Weise der
Darstellung ergibt sich gleichzeitig eine Bedeutungsverschiebung: nichts weist
mehr darauf hin, dass auch Eva nur Opfer einer Intrige ist. Die Hand am Mund,
ein Redegestus, unterstreicht ihre Rolle als Verführerin und „Einflüsterin“.
Die Frau wars also mal wieder
wunderbar. Aber zum Glück erschöpft sich die Botschaft dann doch nicht in
dieser Platitüde. Vielmehr geht es Gislebertus darum die Verfühungskraft des
weiblichen Körpers darzustellen und gleichzeitig sein bildhauerisches Können
vorzuführen. Da darf Frau sich dann schon fast wieder ein wenig geschmeichelt
fühlen.
So eingängig und rätselhaft
zugleich die Darstellung aufgrund der deutlichen Sexualisierung auch für uns
heute noch ist (man stelle sich nur einmal den mittelalterlichen Gläubigen vor
– ob ihn die Darstellung nicht total aus dem Konzept gebracht hat? Wie soll man
sich den da nach dem Betreten der Kirche auf Gebet und reine Gedanken
konzentrieren? – so singulär blieb sie.
Zur Eva gab es übrigens
vermutlich auch einen Adam als Gegenstück. Wie der aber dargestellt war –
vermutlich ebenfalls liegend?), darüber kann die Forschung nur rätseln.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen